Donnerstag, 17. Juli 2025

Karl Gurtner 100 jährig

Karl Gurtner 100 jährig

Jodler, Wagenbauer, Treichelschmied: Der Schwadernauer Karl Gurtner hat seine Talente genutzt

Am Freitag feiert Karl Gurtner in Studen seinen 100. Geburtstag. In Schwadernau hat er Pneuwagen konstruiert, in der Werkstatt gejodelt und Treicheln geschmiedet.

Markus Dähler / Publiziert: 18.7.2025, 06:30 Uhr

Vor 100 Jahren ist Karl Gurtner in Studen als sechstes von sieben Kindern geboren worden. Bald sind die Eltern nach Schwadernau in das Bauernhaus neben der Sägerei gezogen. Nach der Lehre als Schlosser während der Kriegsjahre folgten die Rekrutenschule und der Militärdienst als kundiger Fahrer des Bataillonskommandanten.

Bald begegnete er Margrit Hari aus Brügg, seiner künftigen Ehefrau. Zusammen freuten sie sich an der Geburt der Töchter Priska und Therese und zogen gemeinsam ins Einfamilienhaus nahe der Werkstatt. Neben seinem harten Tagwerk im Wagenbau und dem Jodeln zum Ausgleich engagierte sich Karl Gurtner auch in der Baukommission und im Gemeinderat der Wohngemeinde. Mit seinen beruflichen Erfahrungen war ihm besonders der Ausbau und Unterhalt des Wegnetzes ein grosses Anliegen.

Der frühe Tod seiner Ehefrau 1998 war für alle ein harter Schlag. Aber der Jubilar liess sich, getragen von seinen Töchtern, nicht entmutigen und führte fortan den Haushalt selbstständig. Vor vier Jahren fand er dann im «betreuten Wohnen» im Senevita Wydenpark in Studen sein neues Heim. Hier nimmt er, auch mit Zeitung und Fernsehen, am Geschehen in der Welt teil, beteiligt sich am Zusammenleben im Haus und freut sich, in seinen eigenen Wänden Besuch zu empfangen.

Senevita-Leiterin Rita Ehmann schätzt das «freundliche und dankbare Wesen» von Karl Gurtner. Senevita-Leiterin Rita Ehmann schätzt das «freundliche und dankbare Wesen» von Karl Gurtner.

Quelle: Nik Egger

Am Freitag feiert er hier seinen 100. Geburtstag. Dass er sich schon nach wenigen Wochen heimisch gefühlt hat, hat viele überrascht. «Sein freundliches und dankbares Wesen geniesst die Wertschätzung des ganzen Teams und der Mitbewohnenden. Er seinerseits schätzt es, selbstständig mit bedürfnisgerechter Unterstützung wohnen zu können», sagt Leiterin Rita Ehmann, die sich darauf freut, Gurtner am Festtag zu gratulieren.

Begehrter «Gurtner-Wagen»

Fahrzeuge mit und ohne Motoren faszinierten Karl Gurtner. Gemeinsam mit seinem Bruder Fritz verkaufte und reparierte er Autos, Traktoren und landwirtschaftliche Maschinen. Beim Elternhaus bauten sie eine Werkstatt an, stellten einen Schmied und einen Wagner ein und konstruierten bald die «Gurtner-Wagen» für die Landwirtschaft.

Karl Gurtner entwickelte dabei als Ersatz der alten Holzspeichenräder mit Eisenreifen ein Achsensystem mit Naben für Pneuräder. Während der gelernte Schlosser die Werkstatt mit mehreren Angestellten leitete, verkaufte Bruder Fritz die Fahrzeuge auf den Märkten, insbesondere im Seeland und im Jura. Begehrt waren die handlichen Zweiachser auch wegen des speziellen Verschlusssystems der Seitenwände, die das Entladen von Weizen, Kartoffeln oder Zuckerrüben erleichterte.

«Den letzten ‹Gurtner-Wagen› habe ich vor mehr als 30 Jahren auf dem Markt in Aarberg gekauft», erinnert sich der Schwadernauer Alt-Gemeindepräsident Bernhard Schneider. Der Wagen sei immer noch in Betrieb und die Gebrüder Gurtner freuten sich über die Wertschätzung ihres Handwerks.

Duett mit dem Käsermeister

Schneider erinnert sich aber auch, dass in Gurtners Werkstatt gesungen wurde. Fritz und Karl Gurtner waren begeisterte Jodler. Beim Brügger Musiklehrer und Dirigenten Gerhard Scheidegger holten sie sich das Rüstzeug für das volkstümliche Singen im Jodlerklub Edelweiss Aegerten-Brügg. Karl fand später mit Käsermeister Peter Müller seinen Duettpartner und Vorjodler im Jodlerklub Diessbach. Zusammen prägten sie während Jahrzehnten die klangliche Ausstrahlung dieses Klubs.

Am 75. Geburtstag entschlossen sie sich, im darauffolgenden Jahr in Meiringen beim Bernisch-Kantonalen Jodlerfest nochmals mit einem Wettlied anzutreten: «Hubelhanses Töchterli» von Adolf Stähli. Jury und Publikum waren begeistert.

Beim Eidgenössischen Jodlerfest in Aarau schlossen sie 2005 ihre erfolgreiche Karriere als Jodler ab und überliessen auch im Klub künftig den Jungen den Solistenpart. Mit seiner klangvollen und tragenden Stimme über drei Oktaven ist der Jubilar seinen Mitmenschen als bescheidener und hilfsbereiter Freund begegnet. Er beobachtete und analysierte das Geschehen und ergriff das Wort nur, wenn es ihm wichtig erschien. Dann war ihm die Aufmerksamkeit sicher und seine Meinung hatte Gewicht.

Auch BT-Autor Markus Dähler hat von Karl Gurtner eine Treichel erhalten. Auch BT-Autor Markus Dähler hat von Karl Gurtner eine Treichel erhalten.

Quelle: Nik Egger

Ein Bild, das draußen, Kleidung, Person, Gelände enthält.

KI-generierte Inhalte können fehlerhaft sein.Kaum jemand wusste, dass Karl Gurtner nach der Aufgabe seines Gewerbes zu Hause in der Werkstatt grosse Treicheln schmiedete. Gerne zeigte er Freunden seine Dankbarkeit mit diesem Geschenk samt einem schmucken Riemen mit persönlicher Widmung.

Dass am letzten Sonntag beim Bernisch-Kantonalen Schwingfest in Langnau der Melchnauer Severin Staub zur Erinnerung an seinen ersten Kantonalkranz im Gabentempel die grösste Gurtner-Treichel wählte, ist für den 100-jährigen Karl Gurtner ein ganz besonderes Geschenk.

Der Melchnauer „Teilverbands-Neukranzer“ Severin Staub wird sich mit Gurtners Treichel an das erfolgreiche Langnauer-Fest erinnern.

Quelle: Barbara Loosli


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